Einsatz von Schulclouds in Deutschland

Autorinnen: Vanessa Block und Mareike Bolz


Wir befinden uns im digitalen Zeitalter und die Digitalisierung in Schulen ist ein Thema, das bereits seit einigen Jahren sehr präsent ist. Die Coronapandemie hat gezeigt, wie schlecht Schulen teilweise ausgestattet sind, wenn es um die Bereitstellung einer digitalen Infrastruktur geht, doch spätestens seit der DigitalPakt Schule des Bundes beschlossen wurde, kommen Schulclouds zunehmend zum Einsatz.

Übersicht

Sind Schulclouds notwendig?
Chancen
Herausforderungen
Verwendete Clouds in den einzelnen Bundesländern

Sind Schulclouds notwendig?

Digitale Technologien haben längst Einzug in den Alltag gefunden, deshalb sollte auch der Stellenwert der digitalen Bildung steigen. Es ist durchaus sinnvoll im schulischen Kontext einen bewussten und sozial verantwortbaren Umgang mit digitalen Technologien zu lehren und bereits erworbene Kenntnisse zu fördern.[1] Mit dem Einsatz von Schulclouds kann so eine Grundlage geschaffen werden, die nachhaltig, zukunftsoffen und datenschutzkonform ist und zu einer digitalen Umwandlung des deutschen Schulsystems beitragen kann.[2]
Der Einsatz von Schulclouds kann dabei nicht nur als Ergänzung im Unterricht dienen, sondern auch eine große Unterstützung für organisatorische Aufgaben von Schulleitung und Lehrpersonen sein.

„In den Unterrichtsstunden entlastet mich die Schulcloud: Ich kann viel von den normalerweise anfallenden strukturellen und organisatorischen Aufgaben abgeben, weil ich das im Vorfeld schon vorbereite. Somit habe ich im Unterricht selbst freie Kapazitäten für die Lernbegleitung.“

Anna Wagner, Lehrerin[3]

Am Beispiel des OSZ Gastgewerbes in Berlin wird deutlich, wie vielseitig Schulclouds eingesetzt werden können, dass sowohl Schülerinnen und Schüler als auch Lehrpersonen davon profitieren.

Einsatz der schul.cloud im OSZ Gastgewerbe in Berlin

Chancen

Durch Schulclouds ist der Zugang zu Lern- und Lehrmaterialien mit entsprechender Hard- und Software jederzeit und überall möglich.[4] Schülerinnen und Schüler können gemeinsam an Lösungen arbeiten, da ihre Aufgaben zentral abrufbar sind. Lehrpersonen haben die Möglichkeit die Aufgaben individuell an das Lerntempo der Lernenden anzupassen.[5] Das selbstständige, selbstgesteuerte und kooperative Arbeiten in Clouds, ermöglicht nicht nur eine individuelle Förderung von Lernprozessen[6], sondern begünstigt auch binnendifferenzierten Unterricht und Inklusion.[7] Zusätzlich erwerben Schülerinnen und Schüler digitale Medienkompetenzen, die auch für den späteren Berufsalltag hilfreich sind, da diese immer häufiger gefordert werden.[8]

Herausforderungen

Natürlich bringen Clouds nicht nur Vorteile mit sich. Nachteilig zu nennen ist unter anderem die kostenintensive Anschaffung digitaler Geräte, welche die Lernenden zum Arbeiten benötigen. Auch eine gute Internetverbindung muss für die Nutzung durch Schülerinnen und Schüler jederzeit vorhanden sein. [9] Des Weiteren gelten mehr rechtliche Grundlagen als beim Einsatz analoger Medien. Dabei müssen nicht nur die umfangreichen Bestimmungen zum Schutz personenbezogener Daten der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) eingehalten werden, sondern auch die Datenschutzvereinbarungen des jeweiligen Bundeslandes.[10]  Beim Einsatz von Cloud-Software muss dazu noch die Zustimmung der Lehrkräfte und Eltern eingeholt werden, damit das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nicht verletzt wird. [11]  Die Schulen sind dann angehalten, ein Angebot mit alternativer Software zur Verfügung zu stellen, sollte die Zustimmung ausbleiben. [12]
Die praktische Vernetzung der Schülerinnen und Schüler, kann zu einem Rückgang des sozialen Austauschs führen, was wiederum Probleme wie soziale Ungleichheit verstärken. [13]

Verwendete Clouds in den einzelnen Bundesländern

Im System des deutschen Föderalismus liegt die Hoheitsgewalt über die Bildung in der Verantwortung der einzelnen Bundesländer. Deshalb gibt es bei der Verwendung von Clouds und Lernplattformen auch keine bundeseinheitliche Lösung. Immerhin haben drei der 16 Bundesländer sich zusammengetan. Brandenburg, Niedersachsen und Thüringen nutzen als Basis für ihre landeseigene Cloudlösung die HPI Schul-Cloud, die vom Hasso-Plattner-Institut entwickelt wurde. Seit 2021 werden diese drei Clouds von der dbildungsclouds gehostet, doch aufgrund unterschiedlicher Ansprüche wie beispielsweise dem Datenschutz, gibt es weiterhin länderspezifische Versionen der Cloud. [14]
Andere Bundesländer, wie Bayern oder Nordrhein-Westfalen, verwenden ebenfalls landeseigene Lösungen oder greifen auf vorhandene Software von Moodle oder itslearning zurück. Die Entscheidung, welche Software von den Schulen letztendlich verwendet wird, liegt bei den Schulen oder den Trägern der Schulen selbst mit Ausnahme des Landes Bremen. [15]

Übersicht der genutzten Schulclouds und Lernplattformen in Deutschland[16]

Quellen

Breiter, Andreas, et al. (2021): Digitalisierungsstrategien im föderalen Schulsystem: Lernmanagementsysteme und ihre Betriebsmode. Bremen: ifib. Online unter: https://www.telekom-stiftung.de/sites/default/files/ifib-lernplattformen-final.pdf S. 54 ➔[15]; ➔ S. 13-52 [16]

Bundesminsterium für Bildung und Forschung (o.J.): Die Schul-Cloud: Digitale Lernangebote für den Unterricht. Online unter: https://www.bmbf.de/bmbf/de/home/_documents/die-schul-cloud-digitale-lernangebote-fuer-den-unterricht.html [Abrufdatum: 30.12.2022] ➔[3] ➔[4]

Burchard, Amory (2021): Flickenteppich der Schulclouds: digitale Baustellen. Zuletzt aktualisiert: 07.10.2021, 11:54 Uhr. Berlin: Tagesspiegel. Online unter: https://www.tagesspiegel.de/wissen/digitale-baustellen-4282684.html [Abrufdatum: 30.12.2022] ➔[9]

Dataport Bildungscloud (o.J.): Dataport Bildungscloud. Online unter: https://blog.dbildungscloud.de/faqs/ [Abrufdatum: 30.12.2022] ➔[14]

Forum Verlag (2022): Digitale Medien im Unterricht: Vor- und Nachteile, Beispiele und Ideen zur Umsetzung. Zuletzt aktualisiert: 02.03.22, 08:45 Uhr. Online unter: https://www.forum-verlag.com/blog-bes/digitale-medien-im-unterricht [Abrufdatum: 05.01.2023] ➔[6] ➔[8] ➔ [13]

Meinel, Christoph (2020): Die HPI Schul-Cloud: Eine zukunftssichere IT-Infrastruktur für das deutsche Bildungswesen. In: Ternès von Hattburg, Anabel; Schäfer, Matthias (Hg.): Digitalpakt – was nun? Ideen und Konzepte für zukunftorientiertes Lernen. Berlin: Springer VS, S. 81-87. Online unter: https://doi.org/10.1007/978-3-658-25530-5 S. 83 ➔[1] ➔[7]; S. 82 ➔[2]

Schön, Nadine (2020): Digitalkompetenz für die Bildung der Zukunft. In: Ternès von Hattburg, Anabel; Schäfer, Matthias (Hg.): Digitalpakt – was nun? Ideen und Konzepte für zukunftorientiertes Lernen. Berlin: Springer VS, S. 9-19. Online unter: https://doi.org/10.1007/978-3-658-25530-5 S.15 ➔[5]

Wawrzyniak, Jessica (2020): Datenschutz in der Schule – (k)eine Herausforderung! Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung. Online unter: https://www.bpb.de/lernen/digitale-bildung/werkstatt/318529/datenschutz-in-der-schule-k-eine-herausforderung/ [Abrufdatum: 30.12.2022] ➔[10] ➔[11] ➔[12]

Bildnachweise

janeb13 (2016): Arbeitsplatz. Online unter: https://pixabay.com/de/photos/rechner-pc-arbeitsplatz-heimb%c3%bcro-1185626/ [Abrufdatum: 30.12.2022]

Luizzo, David (2006): Karte Bundesrepublik Deutschland. Online unter: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Karte_Bundesrepublik_Deutschland.svg [Abrufdatum: 30.12.2022]

Spratt, Annie (2020): Young teen doing schoolwork at home after UK schools close due to the Coronavirus. Online unter: https://unsplash.com/photos/V_yEK9wOuPw [Abrufdatum: 30.12.2022]

Digitale Leseräume als neuer Ort des Zusammenkommens

Autorinnen: Janina Kuhn und Tanja Masche

Inhalt

Vom digitalen Lesesaal zum virtuellen Begegnungsort
Ein digitaler Raum mit Wonder
Was kann Wonder?
Mit WorkAdventure einen Schritt weiter gehen
Was kostet WorkAdventure?
WorkAdventure in der Bibliothek
Fazit
Quellen und Verweise

Die digitale Transformation ist ein stetiger Wandlungsprozess, die in allen Lebensbereichen stattfindet. Im öffentlichen Leben, im Beruf und im privaten Umfeld schreitet die Digitalisierung voran und macht damit auch vor Bibliotheken nicht Halt.

Vom digitalen Lesesaal zum virtuellen Begegnungsort

Bereits seit längerer Zeit haben Bibliotheken sogenannte digitale Lesesäle in ihrem Angebot. Hinter dem Begriff versteckt sich noch häufig ein Konzept, das den Online-Zugang zu digitalen Medien einer Einrichtung ermöglicht. Ein Beispiel dafür ist der digitale Lesesaal der Österreichischen Nationalbibliothek.

Bei internetaffinen Bibliotheksnutzer*innen und Digital Natives weckt der Begriff des digitalen Lesesaals allerdings andere Erwartungen.

Durch die Lockdowns im Zuge der Covid-19-Pandemie erkannten viele Bibliotheken die Chance das Konzept des „Dritten Orts“ auf eine digitale Ebene zu verpflanzen. Diese Räume sind mehr als ein Zugang zu digitalen Medien. Sie bieten die Möglichkeit zur Begegnung und zum interaktiven Austausch abseits der analogen Welt.

Ein digitaler Raum mit Wonder

Die Universitäts- und Landesbibliothek Bonn gestaltete mit dem browserbasierten Konferenztool Wonder einen digitalen Raum, um mit ihren Nutzer*innen in Kontakt zu treten. Interessierte konnten sich zwischen thematisch gekennzeichneten „Areas“, wie z.B. einer bibliothekarischen Auskunft oder Gruppenräumen, hin und her bewegen und sich flexibel Gesprächsgruppen anschließen, als wären sie vor Ort.

Was kann Wonder?

Wonder ist nach eigener Aussage eine Plattform zum Hosten von Online-Events. Das kostenlose, browserbasierte Tool ermöglicht Usern neben Videokonferenzen das freie Bewegen im Raum. Wer sein Icon auf das Icon einer anderen Person zubewegt, kann so spontan und flexibel in eine Unterhaltung in Form von Voice- oder Videochats einsteigen. Diese Gruppierungen werden bei Wonder „Circles“ genannt.

Als Host des digitalen Raums kann man über eine überschaubare Anzahl von Funktionen und Einstellungsmöglichkeiten verfügen. Im Spaceeditor können beliebig viele „Areas“ erstellt und benannt, das Hintergrundbild des Raums geändert, oder die maximale Teilnehmer*innenzahl eines „Circles“ festgelegt werden. Zusätzlich lässt sich eine Ice-Breaker-Frage einrichten, die alle Personen, die den Raum betreten, beantworten müssen. Die Broadcastfunktion ermöglicht es, eine Übertragung von Bild und Ton an alle anwesenden Personen zu senden und es können Co-Hosts ernannt werden.

Durch die browserbasierte Umsetzung und den schnellen Anmeldeprozess ist Wonder für viele Bibliotheksbesucher*innen einfach und niedrigschwellig nutzbar. Die Broadcast-Funktion ermöglicht es außerdem, größere Veranstaltungen wie Lesungen oder Schulungen durchzuführen. Kolleg*innen können ohne Probleme zu Co-Hosts ernannt werden. Darüber hinaus ist ein hervorstechendes Merkmal, dass das Tool kostenlos ist. Eine kleine Einschränkung ist, dass die Anwendung nicht tablet- oder smartphonefähig ist. Auch sind die gestalterischen Möglichkeiten, was die Individualisierbarkeit des Raums angeht, stark begrenzt.

Mit WorkAdventure einen Schritt weiter gehen

Mit Tools wie WorkAdventure kann noch ein Schritt weiter gegangen werden. Hier bietet sich die Möglichkeit, digitale Räume zu erschaffen, die ihr analoges Gegenstück nachahmen und repräsentieren können. Diese Welt lässt sich von Besucher*innen mit Hilfe eines persönlichen Avatars erkunden.

WorkAdventure kann ein virtuelles Büro, ein virtueller Campus, oder eine virtuelle Messehalle sein. Zur Gestaltung des digitalen Raums kann aus einer Vielzahl vorgefertigter Maps mit unterschiedlichen Eigenschaften gewählt werden. Je nach Map ist der Raum für eine Teilnehmer*innenzahl zwischen 10 und 500 Personen ausgelegt. Wer etwas mehr Zeit investieren will und sich mit dem 2D Level-Editor Tiled auseinandersetzt, kann seinen Raum komplett selbst designen. Dabei ist es auch möglich, Schnittstellen zu externen Features im Raum zu verankern. Ein Beispiel: Im virtuellen Raum liegt ein Brettspiel auf einem Tisch. Zwei Avatare treten an den Tisch heran und werden zu einem externen Browsergame weitergeleitet, in dem sie gegeneinander spielen können.

Wer eine vorgefertigte Map nutzt, findet dort unterschiedliche, bereits eingerichtete Zonen vor. Wer mit seinem Avatar, dem sogenannten „WOKA“, einen Gruppenraum betritt, bekommt z.B. das Angebot, durch Drücken der Leertaste einer Videokonferenz beizutreten. Videocalls können jedoch genauso gut eröffnet werden, indem man sich dicht zum „WOKA“ einer anderen Person stellt.

Was kostet WorkAdventure?

WorkAdventure unterscheidet zwischen einer kostenlosen und einer Premiumversion. Mit der kostenlosen Version von WorkAdventure ist die zeitgleiche Nutzung einer Map auf
25 Personen begrenzt. Videokonferenzen innerhalb der Map haben eine Obergrenze von 15 Personen. Es können vorgefertigte oder eigene Maps genutzt werden. „WOKAs“ können auch in der freien Version zu einem gewissen Grad individualisiert werden.

Die Premiumversion ermöglicht zusätzlich ein Zugriffsmanagement, das Ernennen von Moderator*innen, das Versenden globaler Nachrichten, das Aufzeichnen von Meetings und eine Google-Kalender-Integration. Leider verfügt WorkAdventure über keine Funktion, mit der Videobroadcasts an alle Teilnehmer*innen einer Map ausgestrahlt werden können.

WorkAdventure in der Bibliothek

Für Bibliotheken könnte es von Nachteil sein, dass die für sie besonders relevanten Features, wie z.B. eine kurzfristig sehr hohe Teilnehmer*innenzahl, mit der Preiskalkulation von WorkAdventure nicht vereinbar ist. Für manche Bibliotheksbenutzer*innen könnte auch die Hemmschwelle, einen digitalen Raum mit einem Avatar zu betreten, zu hoch sein. Für manche Nutzer*innen sind es aber vielleicht besonders die speziellen Eigenschaften von WorkAdventure, durch die ihre Erwartungen erfüllt werden.

Fazit

Das Projekt Wonder in der ULB Bonn ist inzwischen aufgrund geringer Nutzungszahlen eingestellt worden. Warum das Interesse trotz guter Features gering war, ist unklar. Möglicherweise kann auch der ideale digitale Raum den ersehnten analogen Raum nicht ersetzen. Vielleicht konnte Wonder auch die Erwartungen einer internetaffinen Generation an eine digitale Umgebung nicht erfüllen.  

Idealer wäre wohl eine digitale Lösung, die besonders in Zeiten der pandemischen Isolation ein Abtauchen in eine alternative Wirklichkeit ermöglicht, die neues aber gleichzeitig reales Zusammenkommen gestattet. Bibliotheken könnten Initiatoren eines solchen neu gedachten „Dritten Raums“ sein. WorkAdventure macht einen kleinen Schritt in diese Richtung. 

Quellen und Verweise

  1. Österreichische Nationalbibliothek: Ihr Zugang zu den digitalen Beständen der Österreichischen Nationalbibliothek. Online verfügbar unter https://www.onb.ac.at/digitaler-lesesaal, zuletzt geprüft am 29.01.2022.
  2. Thorbjørn Lindeijer: Map Editor Tiled. Online verfügbar unter https://www.mapeditor.org/, zuletzt geprüft am 29.01.2022.
  3. ULB Bonn: Gemeinsam lernen und arbeiten im virtuellen Lesesaal der ULB Bonn. Online verfügbar unter https://www.khi.uni-bonn.de/de/textdokumente/bibliothek/Virtueller%20Lesesaal%20ULB.pdf, zuletzt geprüft am 28.02.2022.
  4. Wonder Technologies GmbH: Wonder. Online verfügbar unter https://wonder.me/, zuletzt geprüft am 29.01.2022.
  5. WorkAdventure: WorkAdventure. Pricing. Online verfügbar unter https://workadventu.re/pricing, zuletzt geprüft am 29.01.2022.
  6. WorkAdventure: WorkAdventure. Online verfügbar unter https://workadventu.re/, zuletzt geprüft am 29.01.2022.
  7. WorkAdventure: WorkAdventure. FAQ. Online verfügbar unter https://workadventu.re/faq, zuletzt geprüft am 29.01.2022.

Ins Stammbuch geschrieben: Kodiert mit der Auszeichnungssprache TEI

Autorin: Janica Kuhr


Wie kodiere ich einen Stammbucheintrag mit XML-TEI und welchen Nutzen hat die Anwendung dieser Mark-Up-Language bei der Erschließung des Eintrags für die Forschung? Mit diesen Fragen befasst sich dieser Beitrag.

Inhalt

  1. Was ist ein Stammbuch?
  2. Was ist TEI?
  3. Kodierung des „Werther-Stammbuchs“ mit TEI
  4. Ausblick

1. Was ist ein Stammbuch?

Zum Abschied bekam ich ein Album Amicorum – in Holland, Deutschland und in den skandinavischen Ländern ist das eine beliebte Sitte. Man geh mit diesem Buch zu einem Freund, der etwas Selbsterfundenes hereinschreibt oder einen Ausspruch irgendeines Autors, und seinen Namen daruntersetzt; wenn er kann, zeichnet er noch etwas hinzu. So hat man etwas mit dessen Hilfe man sich an seine Freunde erinnern kann. Keine schlechte Idee, aber auch ein bisschen skurril.1

James Boswell

Den meisten von Ihnen dürfte der von James Boswell 1764 in seinem Journal beschriebene Brauch aus Kindheitstagen bekannt sein, denn beim hier erwähnten Album Amicorum – auch Stammbuch genannt -, handelt es sich um ein frühes Poesiealbum. Im Gegensatz zu heute waren jedoch meist Erwachsene, die als Stammbuchhalter bezeichnet werden, die Besitzer dieser Alben, die sie auch auf Reisen mit sich trugen.

Entstanden ist diese Tradition Mitte des 16. Jahrhundert in Wittenberg, als es Mode wurde, die Autographen der Reformatoren um Luther zu sammeln. Anfangs vor allem unter Studenten Anklang findend, waren die Stammbücher später in fast allen Gesellschaftsschichten beliebt und erfreuten sich im Besonderen in Deutschland bis Mitte des 20 Jahrhunderts gesellschaftlicher Wertschätzung. 2

Stammbücher können in verschiedenen Disziplinen als wertvolle Quelle dienen. So geben sie Auskunft über die Studienorte und Reiserouten sowie die sozialen Netzwerke ihrer Eigentümer. 3

Ferner lassen sich Rückschlüsse über die Alltagskultur ziehen und sie fungieren als Zeugnisse der Wissenschaftsgeschichte und Literaturhistorie. Für Sprachwissenschaftler sind die Alben inbesondere wegen der Vielfalt der Sprachen, in denen die Beiträge verfasst sind, von Interesse.4

Viele Bibliotheken und Archive sind heute im Besitz von Stammbüchern. Die weltweit größte Sammlung stellt die der Herzogin Anna Amalia Bibliothek mit über 1900 dieser Freundschaftsbücher dar.

Zentral für die Einrichtungen ist es dabei, die Erforschung ihrer Sammlungen zu ermöglichen. Doch wie soll das realisiert werden? Neben der zunehmenden Digitalisierung rückt auch eine tiefergehende Erschließung der Alben in den Fokus. So kann beispielsweise im Katalog der Herzogin Anna Amalia Bibliothek seit einiger Zeit nach Einträgen, Einträgern, Erscheinungsorten und Erscheinungsjahren der Stammbücher recherchiert werden. Die UB Tübingen wiederum stellt Transkriptionen ihrer Freundschaftsbücher zur Verfügung, die mit TEI kodiert wurden.

2. Was ist TEI?

TEI, kurz für „Text Encoding Initiative“, ist ein Dokumentenformat, das auf der Markup-Language XML basiert und der Auszeichnung von Texten dient. Beschrieben wird es in den TEI Guidelines. Neben dem Markup von textgestalterischen bzw. strukturellen Elementen, wie beispielsweise Absätzen, Zeilenumbrüchen oder der Position einer Illustration, können auch semantische Auszeichnungen vorgenommen werden. Hierzu zählt etwa die Kennzeichnung von Personennamen oder Orts- und Datumsangaben. TEI stellt heute den De-facto-Standard bei der Textkodierung dar und kommt daher bei der Erstellung von Digitalen Editionen regelmäßig zum Einsatz.5

Während jedoch beispielsweise mit TEI erstellte Briefeditionen häufiger vorkommen, sind – mit Ausnahme des Tübinger Projekts – mittels TEI kodierte Stammbucheinträge bislang sehr rar gesät.

3. Kodierung des „Werther-Stammbuchs“ mit TEI

Welche Vorzüge die Kodierung von Stammbucheinträgen  mit TEI für die Forschung mit sich bringt und wie bei der Auszeichnung vorgegangen werden kann, soll daher nachfolgend exemplarisch anhand TEI-kodierter Eintragungen aus dem auch als „Werther-Stammbuch“ bezeichneten Album von Ludwig Schneider (1750-1826), einem Juristen, veranschaulicht werden.

Digitalisat der Titelseite des "Werther-Stammbuchs" mit einer Widmung von Ludwig Schneider an die Einschreiber.Abbildung 1: Titelseite des “Werther-Stammbuchs”
. © Freies Deutsches Hochstift / Frankfurter Goethe-Museum, Hs-31210/Stb. 92

Den inoffiziellen Titel „Werther-Stammbuch“ trägt es, da es einen deutlichen Bezug zu Goethes Aufenthalt in Wetzlar im Sommer 1772 aufweist, als dieser die Bekanntschaft mit Charlotte Buff, dem Vorbild für Werthers Lotte sowie deren Verlobten Johann Christian Kestner machte. Von allen drei Personen finden sich Einträge im Stammbuch.6

Kodierung des Stammbucheintrags von Christian Albrecht von Kielmannsegg

Digitalisat des Stammbucheintrags von Christian Albrecht von Kielmannsegg.
Abbildung 2: Stammbucheintrag von Christian Albrecht von Kielmannsegg. © Freies Deutsches Hochstift / Frankfurter Goethe-Museum, Hs-31210/Stb. 92

Wie auch anhand der von Christian Albrecht von Kielmannsegg, ebenfalls Jurist und Jugendfreund Goethes, gestalteten Seite (Abbildung 2) deutlich wird, weisen Stammbucheinträge, die als Inskriptionen bezeichnet werden, typischerweise eine Zweiteilung auf. Auf eine im weiteren Sinn poetische Textpassage folgt in der Regel eine Widmungspassage, die aus immer wiederkehrenden Strukturelementen besteht.

Auszeichnung der Widmungspassage

Unter „Adressierung“ fallen alle Elemente, die Informationen über den Stammbuchhalter enthalten. Je nach Charakter der Beziehung kann hier die namentliche Nennung variieren. Des Weiteren kann sie durch Statusangaben angereichert werden.7

Die Elemente der „Motivierung“ und „Charakterisierung“ sind oftmals nur schwer voneinander abzugrenzen, da sie häufig fließend ineinander übergehen. Während die Komponente der Motivierung den Fokus auf den Schreibanlass legt, definiert sich die Charakterisierung dadurch, dass auf die vorangegangene Textpasssage zurückverwiesen wird. Der Stellenwert des Textteils wird hervorgehoben und Aussagen über seine Funktion getroffen.8

Den Abschluss der Passage bildet in der Regel eine sogenannte Sprachhandlungsformel, die das Verfassen des Stammbucheintrags meist als „schenken“, „widmen“, „sich empfehlen“, näher definiert.9

Dieser charakteristische Aufbau lässt sich durch TEI nachbilden. Wie das Codebeispiel zum Eintrag von Kielmannsegg zeigt, wurde der eigentliche Text als <div> (Textabschnitt) getaggt, während die Widmungspassage mit dem Element <closer> ausgezeichnet wurde, das aus der Briefedierung stammt.

[C]loser> fasst Grußformeln, Datumszeilen und ähnliche Phrasen zusammen, die am Ende eines Abschnitts stehen.10

   </teiHeader>
   <text type="Stammbucheintrag">
      <body>

         <div type="Dramenverse">
            <cit>
               <quote xml:id="Fußnote1">
                  <l>Am be&#383;ten i&#383;t, und wahr&#383;ten der mein Freund,</l>
                  <l>Der warm, nicht heiß das Gute, das ich habe;</l>
                  <l>Der &#383;treng nicht, doch genau den Fehl auch &#383;ieht.</l>
                  <l>Hat die&#383;er Freund ein Herz der Redlichen,</l>
                  <l>So liebt er mich, wie ich geliebt mag &#383;ayn.</l>
               </quote>
               <bibl>
                  <author ref="http://d-nb.info/gnd/118563386" rend="underlined"
                  >Klopstock</author>.</bibl>
            </cit>
         </div>
         <closer>
            <salute rend="right"><seg type="Adressierung">dem Herrn Be&#383;itzer die&#383;es
                  Buchs</seg>
               <seg type="Schreibhandlungsformel">em-<lb/>pfiehlt &#383;ein Andenken be&#383;tens
                  und gehor&#383;am&#383;t.</seg></salute>
            <signed rend="right">
               <persName ref="http://d-nb.info/gnd/116157372"><forename><choice>
                        <abbr>C.</abbr>
                        <expan>Christian</expan>
                     </choice></forename><surname> Kielmannsegg</surname></persName> aus <placeName
                  ref="http://d-nb.info/gnd/4038197-3">Meklenburg</placeName></signed>
            <dateline rend="left"><placeName ref="http://d-nb.info/gnd/4065878-8"
                  >Wetzlar</placeName>, den <date when="1773-05-16">16ten May 1773</date></dateline>
         </closer>

      </body>
      <note type="editorial" target="#Fußnote1">Die Verse wurden dem Trauerspiel <name type="work"
            >David.Ein Trauerspiel</name> von <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118563386"
               ><forename>Friedrich Gottlieb</forename><surname> Kloppstock</surname></persName>
         entnommen.</note>
   </text>
</TEI>

Innerhalb dieses Abschnitts wiederum wurden die Adressierung und Sprachhandlungsformel näher spezifiziert. Zunächst wurden sie durch das Element <salute> als Bestandteil der Grußformel ausgewiesen und anschließend anhand des <seg>-Elements (Segment) in Verbindung mit dem type-Attribut eindeutig als Addressierung (<seg type=“Adressierung“) bzw. Schreibhandlungsformel (<seg type=“Schreibhandlungsformel“) gekennzeichnet.

Als problematisch kann sich in diesem Zusammenhang die Tatsache erweisen, dass XML keine Überlappungen zulässt. So ist es grundsätzlich möglich, dass Textteile sowohl Bestandteil der Motivierung als auch der Charakterisierung sind und sich darüber hinaus gleichzeitig der Sprachhandlungsformel zuordnen lassen. Als pragmatische Lösung hierfür bietet sich jedoch an, nur die jeweils charakteristischen Worte den entsprechenden Bestandteilen der Widmung zuzuordnen.

Der Name bzw. die Unterschrift des Einträgers wird als <signed> (Unterschrift) getaggt und als <persName> – unterteilt in <fore- und surname> – erfasst, während Orts- und Datumsangabe zunächst unter <dateline> zusammengefasst und dann durch <placeName> bzw. <date> gekennzeichnet werden. Durch die Verwendung des when-Attributs in Verbindung mit <date> wird das Datum zusätzlich noch in maschinenlesbarer und normierter Form aufgenommen. Das <signed>-Element dient dazu, dass der Name des Einträgers später eindeutig maschinell herausgefiltert werden kann, da an mehreren Stellen im Stammbucheintrag Personennamen in unterschiedlichen Funktionen vorkommen können. Eine Besonderheit stellt hier die Auszeichnung des Namens dar. Kielmannsegg hat seinen Vornamen mit C. abgekürzt, was durch das Element <abbr>, Abbrevation kodiert wird. TEI lässt es jedoch zu, durch das Element <expan> (Expansion) gleichzeitig den ermittelten, vollen Namen anzugeben.

Auch ein weiterer großer Vorteil der Verwendung von TEI wird in diesem Zusammenhang deutlich. So ist es durch das ref-Attribut möglich auf Normdaten zu referenzieren. Konkret wurde hier mittels des Attributs bei <persName> der GND-Eintrag des Verfassers Christian Kielmansegg verlinkt. Auch bei den Entitäten Eintragungsort und Herkunftsort des Verfassers, ebenfalls durch <placeName> ausgezeichnet, wurde ein Link zum GND-Eintrag aufgenommen.

Neben der eindeutigen Identifizierung kann diese Erfassung der Normdaten der Erforschung und Visualisierung von Personennetzwerken oder der Sichtbarmachung der Wege und Aufenthaltsorte des Stammbuchhalters sowie der Einträger dienen.

Dazu ein Beispiel aus der Goethe-Forschung: Lange ging man davon aus, dass Johann Caspar Goethe, der Vater des berühmten Dichters, zu einem bestimmten Zeitpunkt Berufspraxis in Wien sammelte, da er dies in einem Bittgesuch an Kaiser Karl zu Protokoll gegeben hatte. Anhand von zwei Stammbucheinträgen konnte man jedoch nachweisen, dass er tatsächlich aber -mutmaßlich im Rahmen einer Bildungsreise – in Augsburg weilte und auch, dass er nicht alleine reiste, da sich eine weitere Person, Johann Georg Cocceji, jeweils am selben Tag wie Goethe in beide Stammbücher eintrug. 11

Die Position der Grußformel und Datumszeile auf der Seite, die sich in vielen Stammbucheinträgen wiederfindet, lässt sich durch das Attribut rend=“right“ oder rend=“left“ ausdrücken, z. B. <dateline rend=“left“>.

Auszeichnung der Textpassage

Werfen wir nun einen Blick auf die der Widmung vorangestellte Textpassage. Typischerweise besteht diese aus wenigen Gedichtversen oder knappen Prosatexten, die zum Nachdenken angeregen, Einsichten vermitteln oder an das Befolgen bestimmter Maxime appellieren.12 Im Regelfall handelt es sich dabei um bereits bestehende Texte, die wortgenau oder leicht verändert, mit oder ohne Angabe des Urhebers, zitiert werden.13

Auch Kielmansegg bedient sich eines bereits vorhandenen Textes. So zitiert er ein Werk Friedrich Gottfried Kloppstocks. Der Zitatcharakter des Elements wurde durch das Element <quote> deutlich gemacht.

Da der Einschreiber außerdem Kloppstock als geistigen Schöpfer angegeben hatte, wurden diese Quellenangabe und das Zitat zusätzlich durch das Elternelement <cit> (cited quotation) ausgezeichnet. So heißt es in den TEI:

Dabei wird der gesamte Zitatblock, inklusive Zitat und Quelle, mit dem dafür vorgesehenen <cit>-Element umschlossen. Die Quellenangabe wird mit dem <bibl>-Element kodiert, das […] unstrukturierte bibliografische Angaben repräsentiert.14

Innerhalb der Quellenangabe wurde Kloppstock mit <author> getaggt und der GND-Normdatensatz verknüpft. In einem editorischen Stellenkommentar <note>, der über eine xml:ID und das Attribut target mit der referenzierten Passage verknüpft ist, können zusätzliche Informationen zum Text festgehalten werden. In diesem Fall wurde darauf hingewiesen, dass die Verse dem Trauerspiel „David“ von Kloppstock entnommen sind.

Das Zitat wiederum wurde zusätzlich mit dem Element <div> ausgezeichnet , was erst einmal recht allgemein für Textabschnitt steht. Durch die Verwendung des Attributs type, konnte jedoch eine Aussage über die Gattungszurordnung, hier type=“Dramenverse“ getroffen werden.

An dieser Stelle wird deutlich, dass die TEI-Kodierung nicht nur in Bezug auf die personengeschichtliche Forschung, sondern auch im Hinblick auf die in den letzten Jahren stärker werdende Beschäftigung mit der literarischen Gestaltung der Stammbucheinträge Potential bietet. So werden intertextuelle Verweise sichtbar und eine Auswertung der Kodierung lässt beispielsweise Aussagen über die Häufigkeit der Zitierung bestimmter Autoren oder die Verwendung von Textgattungen zu. Angesichts der wachsenden Zahl an Werknormdaten in der Gemeinsamen Normdatei wäre es in diesem Zusammenhang zukünftig wünschenswert, auch auf diese zu verweisen. Im Fall des Kloppstockschen Trauerspiels war leider kein Normdatensatz vorhanden.

Auch Besonderheiten bei der textlichen Gestaltung können ausgezeichnet werden. So wird die Unterstreichung des Namen Kloppstock durch das Attribut rend=“underlined“ ausgedrückt und die verwandten langen s („ſ“) der Kurrentschrift werden durch Unicode dargestellt.

Kodierung des Stammbucheintrags von Dietz Kays
Digitalisat der Bildbeigabe des Stammbucheintrags von Dietz Kays
Abbildung 3: Bildbeigabe des Stammbucheintrags von Dietz Kays. © Freies Deutsches Hochstift / Frankfurter Goethe-Museum, Hs-31210/Stb. 92

Neben den Texten finden sich auch immer wieder Illlustrationen in den Stammbüchern. Bei der Erstellung bediente sich der Einschreiber den unterschiedlichsten künstlerischen Techniken, die von Bleistift- Buntstift-, Kohle- und Tuschezeichnungen über Aquarellmalereien und Gouache zu Druckgrafiken reichen. Ebenso vielfältig ist auch die Wahl der Motive. So finden sich darunter zum Beispiel Wappenzeichnungen oder Porträts, aber auch Bildgegenstände, die sich auf den Text, den Eigentümer des Stammbuchs oder sein Verhältnis zum Einträger beziehen.15

Auszeichnung der Bildbeigabe

Auch diese bildlichen Elemente können durch TEI ausgezeichnet werden. So wurde die Vogel-Zeichnung (Abbildung 3) in dem hier in Auszügen vorgestellten kodierten Eintrag von Dietz Kayß zunächst mittels <div type=“Bildbeigabe“> getaggt und zusätzlich mit dem Element <figure> als Abbildung ausgezeichnet. Durch das type-Attribut wurde sie näher als Tuschezeichnung klassifiziert. Mittels des Elements <graphic> in Kombination mit dem Attribut url kann die Quelle angegeben werden. <FigDesc> (description of figure) ermöglicht eine detailllierte Beschreibung des Bildinhalts.

Die Kodierung der graphischen Bestandteile des Eintrags erlaubt es auch hier, die Daten später gezielt maschinell auszulesen, um beispielsweise Aussagen über die Verwendungshäufigkeit von Techniken oder Motiven zu treffen.

 </teiHeader>
   <text type="Stammbucheintrag">
      <body>
         <pb n="60"/>
         <div type="Bildbeigabe">
            <figure type="Tuschzeichnung">
               <graphic url="bildconcordia.jpeg"/>
               <figDesc>Bei der Abbildung handelt es sich um die Zeichung eines Vogels im Flug,
                  mutmaßlich einer Taube, der ein Spruchband mit der Aufschrift "Concordia" im
                  Schnabel hält. In der rechten oberen Ecke des Bildes ist eine strahlende Sonne mit
                  grimmigen Gesichtsausdruck zu sehen. Augenscheinlich wurde die Zeichnung mit
                  brauner Tinte angefertigt.</figDesc>
            </figure>
         </div>
 

Auszeichnung der Textkomponente

Digitalisat des Textteils des Stammbucheintrags von Christian Albrecht von Kielmannsegg
Abbildung 4: Textteil des Stammbucheintrags von Dietz Kayß. © Freies Deutsches Hochstift / Frankfurter Goethe-Museum, Hs-31210/Stb. 92

Die Auszeichnung der Textkomponente dieser Inskription (Abbildung 4) wiederum zeigt, dass TEI auch der Erforschung, in welchen Sprachen die Stammbucheinträge verfasst wurden, Rechnung trägt. So wurde das erste Zitat, bei dem es sich um eine Gnome – also einen Sinnspruch – handelt, mit dem Attribut xml:lang und dem Sprachcode „la“ ausgezeichnet, um auszudrücken, dass es, abweichend vom restlichen Text, in lateinischer Sprache vorliegt. In diesem Zusammenhang wurde auch durch @rend=“latintyp“ die Verwendung der lateinischen Schrift gekennzeichnet.

Bei den darunter befindlichen Versen konnte durch das <rhyme>-Element zunächst deutlich gemacht werden, dass es sich um einen Reim handelt und mittels des Attributs label wurde zusätzlich das hier verwendete Reimschema getaggt.

Als problematisch erwies sich die Kodierung des Studentenordens im Beispiel. Eigentlich eher ein Schriftsymbol – und damit textuelles Element – wurde er dennoch in Ermangelung einer spezifischeren Auszeichnungsmöglichkeit als Abbildung getaggt.

  
         <pb n="61"/>
         <div type="Gnome">
            <p><quote xml:lang="la" rend="latintyp" xml:id="Fußnote1">Amicus certus in re incerta
                  cernitur</quote></p>
         </div>
         <div type="Gnome">
            <quote>
               <lg type="rhyming_couplet">
                  <l>Gute Freunde in der <rhyme label="a">Noth</rhyme></l>
                  <l>gehen tausend auf ein <rhyme label="a">Loth</rhyme></l>
               </lg>
            </quote>
         </div>
         <closer>
            <salute rend="right">
               <seg type="Adressierung">
                  <choice>
                     <abbr>HochEdelgeb&#x2113;</abbr>
                     <expan>Hochedelgeborener</expan>
                  </choice> Herr und <choice>
                     <abbr>Br.</abbr>
                     <expan>Bruder</expan>
                  </choice></seg>
            </salute>
            <salute rend="right">
               <seg type="Motivierung">Habe die Gewogenheit, und erinnere<lb/> Dich öfters Deines<lb/>
                  <choice>
                     <abbr>gehor&#383;&#x2113;</abbr>
                     <expan>gehor&#383;amen</expan>
                  </choice>
                  <choice>
                     <abbr>Dr.</abbr>
                     <expan>Dieners</expan>
                  </choice> und Freunds</seg></salute>
            <signed rend="right">
               <abbr>K.A.F.</abbr>
               <unclear reason="illegible" cert="medium"><persName><forename>Dietz</forename>
                     <surname>Kayß</surname></persName></unclear>. <abbr>Not.</abbr></signed>
            <dateline rend="left"><placeName ref="http://d-nb.info/gnd/4020989-1">Giesen</placeName><lb/>
               <date when="1771-03-28">28.3.1771</date>
            </dateline>
         </closer>
         <figure type="Zeichen_eines_Studentenordens" rend="left">
            <figDesc>Zeichen eines Studentenordens, enthält augenscheinlich die Zahl 1770 und ein
               C</figDesc>
         </figure>
      </body>
      <note type="editorial" target="#Fußnote1">Gnome wird <persName
            ref="http://d-nb.info/gnd/118520814"><forename>Marcus Tullius</forename>
            <surname>Cicero</surname></persName>zugeschrieben.</note>

   </text>
</TEI>

4. Ausblick

Generell stellen neben den Illustrationen auch die vielfältigen anderen Beigaben eine Herausforderung bei der Kodierung von Stammbucheinträgen mit TEI dar. Mitunter findet man Papierschnitte, Stickarbeiten, getrocknete Blumen, Siegelabdrücke, Musiknoten, aber auch Haarlocken sind keine Seltenheit.16

Während für die Kodierung von Siegeln mit <seal> ein spezifisches Element zur Verfügung steht und auch Musiknoten innerhalb eines Textes sich über <notatedMusic> taggen lassen bzw. für Musiknoten mit den MEI sogar eigene Codierungsrichtlinien existieren, sind die TEI für die Auszeichnung der anderen (dinglichen) Objekte (zumindest bislang) nicht ausgelegt.

Auch im Hinblick darauf, dass diese Beigaben sich ebenso bei Briefen finden lassen, wäre eine Weiterentwicklung der TEI in dieser Hinsicht wünschenswert. Festzuhalten bleibt aber auch, dass diese Mark-Up-Language bereits jetzt durch die inhaltlich, formal und strukturell tiefgehende Erschließung der Einträge neue Perspektiven für die Stammbuchforschung eröffnen kann.

Zum Download als PDF-Datei stehen nachfolgend die vollständigen Kodierungen der im Text erwähnten Beispiele sowie weitere exemplarisch kodierte Stammbucheinträge bereit:

Die dazugehörigen Digitalisate sind in der Slideshow (Abbildung 5-8) zu finden.

Falls Sie noch nicht mit TEI vertraut sein sollten, diese Mark-Up-Sprache jedoch Ihr Interesse geweckt hat, finden Sie beispielsweise im Internetauftritt der Universität Bern einen ausführlichen Crashkurs und Workshop.

Quellen


1Boswell, James: Journal, hrsg. von Helmut Winter. Stuttgart 1986. Zitiert nach Linhart, Eva: Vom Stammbuch zum Souvenir d’Amité. Deutscher Schicksalsfaden. In: Schmidt, Volker [Hrsg.]: Der Souvenir : Erinnerung in Dingen von der Reliquie zum Andenken. Köln 2006, S. 202-232

2Vgl. Schlüter, Andras; Gebert, Björn: 30.000 Datensätze und neun Wochen Zeit. 17.05.2018. https://blog.klassik-stiftung.de/coding-da-vinci/, Zugriff 23.01.2022

3Vgl. Schlüter, Andras; Gebert, Björn: 30.000 Datensätze und neun Wochen Zeit. 17.05.2018. https://blog.klassik-stiftung.de/coding-da-vinci/, Zugriff 23.01.2022

4Vgl. Eberhards Karls Universität Tübingen [Hrsg.]: Stammbücher der UB Tübingen. Stand 25.01.2021. http://www.dh-profil.uni-tuebingen.de/tuebinger-stammbuecher/index.html, Zugriff 23.01.2022

5Vgl. Universität Graz. Zentrum für Informationsmodellierung in den Geisteswissenschaften [Hrsg.]: Text Enconding Initiative. 2006-2008. https://www-gewi.uni-graz.at/zim/lehre/tei.html, Zugriff 23.01.2022

6Vgl. Heumann, Konrad: Bedeutendes Stammbuch der Wertherzeit. (Unveröffentlichtes Typoskript)

7Vgl. Bastian, Julia: «Des Menschen Herz faßt so unendlich viel» Das Stammbuch des Volrat Graf zu Solms-Rödelheim und Assenheim. Frankfurt 2013, S. 22

8Vgl. Schnabel, Werner Wilhelm: Das Album Amicorum. Ein gemischtmediales Sammelmedium und einige seiner Variationsformen. In: Kramer, Anke [Hrsg.]: Album : Organisationsform narrativer Kohärenz. Göttingen 2013, S. 213-239, hier S. 215; Bastian, Julia: «Des Menschen Herz faßt so unendlich viel» Das Stammbuch des Volrat Graf zu Solms-Rödelheim und Assenheim. Frankfurt 2013, S. 22

9Vgl. Bastian, Julia: «Des Menschen Herz faßt so unendlich viel» Das Stammbuch des Volrat Graf zu Solms-Rödelheim und Assenheim. Frankfurt 2013, S. 22

10Text Encoding Initiative. P5: Richtlinien für die Auszeichnung und den Austausch elektronischer Texte. Version 4.3.0. Last updated on 31st August 2021. https://tei-c.org/release/doc/tei-p5-doc/de/html/ref-closer.html, Zugriff 23.01.2022

11Vgl. Heumann, Konrad: Unterwegs nach Italien. Johann Caspar Goethes Reise nach Nürnberg und Augsburg im Jahr 1739. In: Hopp, Doris: »Goethe Pater». Johann Caspar Goethe (1710–1782). Frankfurt 2010, S. 52-61

12Vgl. Schnabel, Werner Wilhelm: Das Album Amicorum. Ein gemischtmediales Sammelmedium und einige seiner Variationsformen. In: Kramerm Anke [Hrsg.]: Album : Organisationsform narrativer Kohärenz. Göttingen 2013, S. 213-239, hier S. 215

13Vgl. Bastian, Julia: «Des Menschen Herz faßt so unendlich viel» Das Stammbuch des Volrat Graf zu Solms-Rödelheim und Assenheim. Frankfurt 2013, S. 20

14Karl-Franzens-Universität Graz [Hrsg.]: Elektronische Repräsentation mit dem Standard der TEI

15Vgl. Bastian, Julia: «Des Menschen Herz faßt so unendlich viel» Das Stammbuch des Volrat Graf zu Solms-Rödelheim und Assenheim. Frankfurt 2013, S. 21; Schnabel, Werner Wilhelm: Das Stammbuch : Konstitution und Geschichte einer textsortenbezogenen Sammelform bis ins erste Drittel des 18. Jahrhunderts. Tübingen 2003. S. 104

16Vgl. Bastian, Julia: «Des Menschen Herz faßt so unendlich viel» Das Stammbuch des Volrat Graf zu Solms-Rödelheim und Assenheim. Frankfurt 2013, S. 21; Schnabel, Werner Wilhelm: Das Album Amicorum. Ein gemischtmediales Sammelmedium und einige seiner Variationsformen. In: Kramer, Anke [Hrsg.]: Album : Organisationsform narrativer Kohärenz. Göttingen 2013, S. 213-239, hier S. 218


Dieser Beitrag ist im Studiengang Informationsmanagement an der Hochschule Hannover im Rahmen des Kurses Content Management (Wintersemester 2021/22, Dr. Stefanie Elbeshausen) entstanden.

Die besten Beiträge stellen wir Euch hier in den nächsten Wochen nach und nach vor.

Smart Libraries: Wie smart müssen Bibliotheken sein?

Beitragsbild Smart Libraries – Wie smart müssen Bibliotheken sein?

 

Bibliotheken sind weit mehr als reine Aufbewahrungsorte für Medien aller Art. In diesem Beitrag zeigen wir, inwieweit sich Bibliotheken im Sinne von Smart Libraries weiterentwickelt haben und welchen Nutzen Kund*innen davon haben.

Struktur des Beitrages:

Was ist Smart?

Der deutsche Duden führt für das Wort „Smart“ die Begriffe gewitzt und clever.[4] So wird das Wort “Smart” derzeit viel im Zusammenhang mit intelligenten und computergesteuerten Systemen benutzt. Es bestehen bereits sowohl Wörter wie Smarte Technologien als auch Smartphones, Smart Homes und Smart Cities. Doch unter Smart Libraries kann sich kaum jemand etwas vorstellen.

Um eine Vorstellung von einer Smart Library zu bekommen, schauen wir uns zuerst ein Modell von einer Smart City an:

Smart City Wheel

Boyd Cohen beschäftigt sich mit den Themen nachhaltige und intelligente Entwicklung von Städten und ist der Begründer des Smart City Wheel. Laut Cohen gliedert sich eine smarte Stadt in sechs Themenfelder: Mobilität, Bevölkerung, Umwelt, Regierung, Wirtschaft und Lebensraum.

Eine intelligente, smarte Mobilität legt den Schwerpunkt darauf, den Verkehr in den Städten billiger, schneller und umweltfreundlicher zu machen. Die Ziele sind zum einen die Steigerung der Effizienz und eine Verbesserung des Verkehres, der durch die Stadt führt und zum anderen wird gezielt in eine innovative Verkehrspolitik investiert. Folglich müssen neue Verkehrsträger gewonnen werden. Desweiteren muss der Personen- und Warentransport gefördert und die Belastung der Umwelt reduziert werden.

Für eine smarte Bevölkerung stehen die Auswahl des Berufes, die Chancen auf dem Arbeitsmarkt, die Berufsausbildung und auch lebenslanges Lernen für alle Altersgruppen im Vordergrund. Abgesehen davon sind sind wichtige Punkte die Integration, die persönliche Weiterentwicklung, die Steigerung des Wohlstands und die Stärkung der Gemeinschaft.

Das Thema smarte Umwelt beschäftigt sich mit einer grünen und umweltbewussten Stadt. Wichtige Punkte sind hierbei die Reduzierung der CO2-Emissionen, die Reduzierung von Müll und die Verwendung von erneuerbaren Energien. Die Regierung in einer smarten City setzt sich für die Zusammenarbeit und Interaktionen zwischen den Bürgern, den Unternehmen und der Verwaltung ein.

Das Ziel einer smarten Wirtschaft ist das innovative und nachhaltige Wachstum der Wirtschaft in einer Stadt. Die Attraktivität einer Stadt muss gesteigert werden, um neue Unternehmen, Geschäfte und Investoren dazu zu gewinnen und dadurch wiederum neue Arbeitsplätze zu schaffen. Ein smarter Lebensraum bietet den Menschen ein gut ausgebautes Gesundheitssystem und die Einbindung von allen Alters- und Bevölkerungsgruppen. Neue Technologien ermöglichen Sicherheit. Ein weiterer Aspekt ist ein breites Freizeit- und Kulturangebot zur Selbstverwirklichung und Stärkung der sozialen Kontakte.[1]

Quelle: Smart City Wheel · Projects · Smart City Hub

Wie finden Bibliotheken nun ihren Platz in einer Smart City und werden Smart Libraries? In ihrem Buch „Smart Libraries. Konzepte, Methoden und Strategien“ stellen die beiden Herausgeberinnen Linda Freyberg und Sabine Wolf eine Smart Map für Bibliotheken vor und geben Bibliotheken, die smarter werden möchten, neue Ideen mit auf den Weg. [8]

Smart Libraries – Wie sieht’s in der Praxis aus?

Die Umsetzungen von neuen, smarten Ideen sind von Bibliothek zu Bibliothek unterschiedlich. Einige Bibliotheken setzen den Fokus auf Nachhaltigkeit, die durch neue Technik erreicht werden kann. Die Universität Hildesheim ist mit ihrer Smart Library bereits 2012 gestartet. Das Energiemanagement der Universitätsbibliothek wird mit einem „Smart-Home-System“ gesteuert. Dieses System beinhaltet zum Beispiel Sensoren, die den Lichteinfall in einem Raum registrieren und den Beleuchtungsbedarf selbständig regeln. [7]

Auch die Bibliothek der technischen Universität (DTU) in Dänemark zeigt in dem folgenden Video, wie eine Smart Library aussehen kann:

In dem Video wird gezeigt, wie in der Bibliothek neue Technik eingesetzt wird. Sensoren gestalten die Arbeitsumgebung für die Student*innen, indem die Raumwärme oder die Beleuchtung der Anzahl der Personen im Raum angepasst wird. Eine App hilft den Student*innen das gesuchten Buch in dem Regal zu finden. Zusammen gefasst versteht sich die DTU als eine Umgebung, in der neue Technologien ausprobiert werden können.[3]

Die Teilhabe von Kunden*innen und das selbstständige Arbeiten wollen Makerspaces in Bibliotheken fördern. Ein Beispiel ist die Hoeb4U der Bücherhallen Hamburg oder der Makerspace der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden. In der Hoeb4U können nicht nur ein Häkelset oder Bastelmaterialien ausgeliehen werden, sondern es finden auch Veranstaltungen vor Ort statt.[2] In Dresden liegt der Fokus auf Technik, so kann ein 3D- Drucker oder eine Kamera ausgeliehen und vor Ort ausprobiert werden. Zugleich bekommen Nutzer*innen von Fachpersonal oder anderen Nutzer*innen Hilfe bei der Benutzung der Makerspaces.[6]

Fazit

Bibliotheken entwickeln sich ständig weiter und haben dabei die Bedürfnisse der Kund*innen fest im Blick. Der Anspruch an eine Bibliothek hat sich gewandelt. Einerseits möchten Kund*innen das Medienangebot einer Bibliothek nutzen, andererseits auch das Angebot an Veranstaltungen wahrnehmen und sich mit anderen Kund*innen austauschen und treffen. Die Kennzeichen einer Smart City spielen dabei eine wichtige Rolle: gemeinsam genutzte Räume senken die CO2 Emission und es findet ein Austausch zwischen unterschiedlichen Gruppen der Bevölkerung statt. Kund*innen haben die Möglichkeit sich aktiv einzubringen und durch niedrigschwellige Angebote werden Teilhabe und Inklusion gefördert.

Letztendlich stellt sich die Frage: Ist eine Bibliothek nicht von Anfang bereits eine Smart Library? Im Laufe ihrer Geschichte musste sie sich immer wieder an die Bedürfnisse ihrer Kund*innen anpassen und sich verändern – lange bevor das Wort Smart in Mode kam.

Verwendete Quellen

1bee smart city (2020): smart city indicators. Online unter https://hub.beesmart.city/en/smart-city-indicators [Abruf am 18.01.2021]

2Büchrhallen Hamburg (2021): Jugendbibliothek Hoeb4U.Konzept. Online unter: https://www.buecherhallen.de/hoeb4u-konzept.html [Abruf am 15.01.2021]

3DTUdk(2018):DTU Smart Library-What is it? [Video]. Online unter: https://www.youtube.com/watch?v=qEc7_8xpdj4 [Abruf am 15.01.2021]

4Duden (2020): Wörterbuch. Online unter https://www.duden.de/rechtschreibung/smart [Abruf am 15.01.2021]

5Smart City Hub Switzerland (o. J.): Smart City Wheel. Online unter https://www.smartcityhub.ch/smart_city_wheel.120en.html [Abruf am 18.01.2021]

6SLUB Dresden (2021): SLUB Makerspace. Online unter https://www.slub-dresden.de/mitmachen/slub-makerspace/ [Abruf am 18.01.2021]

7Universität Hildesheim (2012): „Smart Library“ – Energieverbrauch senken durch intelligente Steuerungssysteme. Ein Vorhaben im Rahmen der „Sustainable University Hildesheim. Zuletzt aktualisiert am 25.08.2020. Online unter https://www.uni-hildesheim.de/bibliothek/smart-library/. [Abruf am 14.01.2021]

8Wolf, Sabine (2019): Definition einer Smart Library und Erläuterung der Smart Map. Ein State -of-the-Art Ansatz. In: Freyberg, Linda; Wolf, Sabine (Hg.): Smart Libraries. Konzepte,Methoden und Strategien. Wiesbaden: b.i.t. Verlag gmbh (b.i.t. online innovativ, Bd. 76), S. 21-26


Dieser Beitrag ist im Studiengang Informationsmanagement an der Hochschule Hannover im Rahmen des Kurses Content Management (Wintersemester 2020/21, Prof. Dr.-Ing. Steinberg) entstanden. Die besten Beiträge stellen wir Euch hier in den nächsten Wochen nach und nach vor.

Makerspaces: Eine Aufgabe für Öffentliche Bibliotheken?

Beitragsbild Makerspaces – Eine Aufgabe für Öffentliche Bibliotheken?

Autorin: Janina Gerten


Ob das Konzept des Makerspace in das Aufgabenportfolio von Öffentlichen Bibliotheken passt, darüber herrschen unterschiedliche Meinungen. Was ein Makerspace überhaupt ist und welchen Mehrwert er Öffentlichen Bibliotheken bieten kann, soll anhand der „MachBar“ der Stadtbibliothek Duisburg in diesem Artikel verdeutlicht werden.

Inhalt

  1. Maker und Makerspaces
  2. Ausstattung und Angebot
  3. Makerspaces als Aufgabe von Öffentlichen Bibliotheken
  4. Anmerkungen und Quellen

„Öffentliche Bibliotheken waren in früheren Zeiten Ausleihstationen für Bücher und audiovisuelle Medien. Dieses Rollenverständnis hat sich in den vergangenen zwanzig Jahren erheblich verändert. Zum einen haben das Internet und der starke Ausbau der digital verfügbaren Medien das Spektrum der Nutzung, einschließlich der Erschließung von Informationen und Wissen, qualitativ erweitert.“

Dr. Jan-Pieter Barbian, Direktor der Stadtbibliothek Duisburg


Maker und Makerspaces

Die sogenannte Maker-Bewegung, deren Anfänge bereits 25 Jahre zurück liegt, bildet den Ursprung der heutigen Makerspaces. Der Grundgedanke des Teilens stand bereits damals im Vordergrund. Diese Philosophie greifen Makerspaces wieder auf, indem sie einen öffentlich zugänglichen Raum schaffen und entsprechende Ressourcen zur Verfügung stellen. Hier können Menschen zusammenkommen, um etwas zu „machen“ und ihre Ideen mithilfe von analogen sowie digitalen Werkzeugen umzusetzen.5 Ebenfalls der Aspekt der Nachhaltigkeit spielt dabei eine wichtige Rolle, da oftmals gebrauchte Materialien wiederverwendet und so Ressourcen geschont werden. Dabei geht es jedoch nicht nur um die gemeinschaftliche Nutzung von Ressourcen, sondern auch um den Austausch von Wissen, Kompetenzen und Ideen sowie gemeinsam Neues auszuprobieren und zu entwickeln.4 Die Stadtbibliothek Duisburg hat es für sich wie folgt definiert:

„Die MachBar soll dem gemeinsamen Arbeiten in einer kreativen Umgebung dienen und Hemmschwellen gegenüber neuen Technologien abbauen. Dafür stellen wir unseren Nutzerinnen und Nutzern in einem offenen Raum eine moderne technische Ausstattung zur Verfügung. Sie können neue Techniken ausprobieren, eigene Projekte verwirklichen, Erfahrungen austauschen und Gleichgesinnte treffen.“

Bibliotheken im digitalen Wandel: Von der Buchkarte zum digitalen Nutzerkonto

Autorinnen: Anna Pläp und Tamara Schaufler

Bibliotheken befinden sich im digitalen Wandel – in aktuellen Zeiten von Corona mehr denn je.  Dass viele Publikationen online verfügbar sind, wir unsere Medien am Verbuchungsautomaten selbst ausleihen können und diese über das Internet mit ein paar Klicks verlängern, ist für viele Bibliotheksnutzer:innen der ganz normale Alltag. So wird der digitale Wandel in Bibliotheken meist mit Zukunftsvisionen verbunden. Doch wie viel Digitalisierung von Bibliotheksdiensten gab es in den vergangenen Jahr(zehnt)en bereits, und wie sah es eigentlich früher aus? [1]

Inhaltsverzeichnis

Buchkarten und Katalogkarteien – konventionelle Ausleihverfahren

Manch eine:r erinnert sich noch daran: bevor digitale Ausleihsysteme Einzug in die Bibliothekswelt erhalten haben, gestaltete sich das Ausleihverfahren analog. Dies war zum Teil mit erheblichem Aufwand verbunden.

Hierzu gab es verschiedene Vorgehensweisen:

Die Buchkarte

Jedes ausleihbare Buch im Bestand der Bibliothek hatte eine Buchtasche an der vorderen oder hinteren Innenseite des Buchdeckels eingeklebt. Darin befand sich eine Buchkarte, auf der Signatur, Verfasser:in und Titel des Buches vermerkt waren. Ein Großteil der Karte war frei für die Eintragung der Nutzernummer und ggf. Fristdaten des Entleihenden. Wollte man es ausleihen, ging man zur Leihstelle der Bibliothek, wo durch eine:n Mitarbeiter:in die Nutzernummer und teilweise der Name der entleihenden Person auf die Buchkarte eingetragen wurde. Diese wurde anschließend nach Rückgabedatum in die sogenannte Fristkartei einsortiert. Auf dem Vorsatzblatt oder dem Rückcover des Buches gab es ein Fristblatt, worauf das Rückgabedatum gestempelt wurde. [2]

Für die Bibliotheksmitarbeiter:innen ergab sich somit der Aufwand, die Fristkartei regelmäßig manuell zu überprüfen. Waren Leihfristen überschritten, haben sie die Mahngebühren manuell erstellt. Verlängerungswünsche musste man als Kund:in für jedes Buch persönlich vortragen, um die Leihfrist anpassen zu lassen.

Leihscheine

Für die Ausleihe eines Buches hat der Entleihende einen Leihschein ausgefüllt. Dieser bestand in der Regel aus drei Teilen, in einigen Bibliotheken fand er zweiteilig Anwendung. Der erste Abschnitt (Stammabschnitt) enthielt die Daten des Bestellenden sowie Titel und Verfasser:in des Buches. Die beiden weiteren Abschnitte, der Kupon und der Löschabschnitt enthielten die Signatur des Buches und die Benutzernummer des Entleihenden. Bei zweiteiligem Leihschein entfiel der Löschabschnitt.

In der Leihstelle der Bibliothek gab es zwei Karteien: die Benutzerkartei und die Kuponkartei. Die Benutzerkartei war nach Namen oder Benutzernummer aufgestellt. Hier wurden der Stammabschnitt und der Löschabschnitt, gestempelt mit der Leihfrist, einsortiert. Die Kuponkartei war nach Signaturen aufgestellt, sodass anhand dieser festgestellt werden konnte, bei welchem Entleihenden sich ein bestimmtes Buch befindet.

Der Löschabschnitt kam bei der Rückgabe des Buches zum Einsatz. Anhand dieses Abschnitts wurde der Kupon aus der Kuponkartei gezogen. Den Stammabschnitt erhielt der Entleihende des Buches als Rückgabequittung.

Gab es keinen Löschabschnitt, wurde der Kupon anhand der Bücher selbst gezogen. Mitunter gab es keine Kuponkartei, folglich verblieb der Kupon als Repräsentant im Regal an der jeweiligen Stelle des Buches. [3]

Kartenkataloge

Erste Kartenkataloge (auch Zettelkataloge genannt) mit einfachsten Mitteln gab es bereits gegen Ende des 16. Jahrhunderts. Kartenkataloge, wie wir sie heute teilweise noch kennen, gab es seit Anfang der 1930er Jahre. [4]

Es gab teilweise mehrere Kartenschränke, in denen für jedes Buch im Bestand der Bibliothek eine Karte mit den bibliografischen Angaben lag. Diese wurde mit Hilfe einer Schreibmaschine angefertigt und teilweise handschriftlich ergänzt. Für die Recherche darin konnte nach Verfasser:in, Titel, Schlagwort, Standort (=Signatur) oder Regionen gesucht werden. Natürlich gab es für jede dieser Optionen einen eigenen Kartenschrank mit entsprechenden Karten. Für ein Buch gab es also mehrere Karten.

Viele Bibliotheken haben ihre Kartenkataloge digitalisiert, sodass darin weiterhin nach Altbestand gesucht werden kann.  Zwar sind die Daten zum Teil in digitale Datenbanken eingespielt worden, aufgrund der Vielzahl an Datensätzen jedoch nicht immer vollständig. Beispiele (anklicken, um auf die entsprechende Website zu kommen):

Kartenkatalog der ZBW

Kartenkataloge des Hauses Berliner Stadtbibliothek

SneakPeak Bachelor: IT-Kompetenzen analysieren und klassifizieren

WebLab HsH: Bachelorabiet von Matthias Olbrisch, 2019

In seiner Bachelorarbeit mit dem Titel “Analyse und Klassifikation der hannoverschen IT Kompetenzen in einer variablen Datenbasis“ schreibt Matthias Olbrisch (2019) in seinem Abstrakt:

„Die allgemeine Digitalisierung und besonders die IT-Branche in Hannover, stellen Arbeitgeber*innen vor große Herausforderungen. Berufsbezeichnungen im IT-Sektor zeichnen sich im Gegensatz zu klassischen Berufsfeldern nicht dadurch aus, dass sie vereinheitlicht sind. Unterschiedlichste Berufsbezeichnungen verlangen oftmals identische Kompetenzen. Die Kompetenzen und Fähigkeiten der Arbeitnehmer*innen stehen ebenso immer mehr im Fokus der Arbeitgeber*innen, wie die Bereitschaft der permanenten Weiterbildung.

Zielgebend der vorliegenden Abschlussarbeit ist eine Datenbasis zu liefern, die den Anspruch hat, die bereits beschriebenen Herausforderungen zu analysieren und zu klassifizieren. Zunächst ist daher eine Klassifikation, der auf dem hannoverschen Jobmarkt gesuchten IT-Kompetenzen, zu erstellen. Vorbereitend wird eine Marktanalyse angefertigt, die sowohl Jobsuchmaschinen auf ihre Kompetenzorientierung als auch IT-Kompetenzklassifikationen untersucht.

Die erstellte Klassifikation bildet anschließend die Grundlage für das Kompetenzmatching zwischen Klassifikation und den Kompetenzen, die hannoversche IT-Studierende erlernen, um zu verdeutlichen, in welchen Kompetenzen Weiterbildungsbedarf besteht. Die entstandene Datenbasis wird in einer MySQL Datenbank präsentiert, um eine möglichst flexible Verwendung und Weiterentwicklung des Datenbestands zu ermöglichen.“

Die Bachelorarbeit von Matthias ist Teil unseres Forschungsprojekts nITo (Nutzerzentrierte IT-Kompetenzoptimierung). Sie wurde vorbildlich über SerWisS veröffentlicht und ist als Volltext zu finden unter:

https://doi.org/10.25968/opus-1562